Unfall beim Aussteigen aus dem Flugzeug – haftet eine Fluglinie für den Sturz von Passagier*innen beim Ein- und Aussteigen aus dem Flugzeug?
1. Haftung des Flugunternehmens auch ohne Fehlverhalten:
Ein Luftfahrtunternehmen muss den Schaden, der durch den Tod oder die
Körperverletzung eines Reisegastes entstanden ist, nur ersetzen, wenn sich der Unfall an Bord des Flugzeugs oder beim Ein- oder Aussteigen ereignet.
Als Unfall wird ein plötzliches, unbeabsichtigtes, schädigendes Ereignis bezeichnet (Art 17 Abs 1 Montrealer Übereinkommen).
Stürzt also ein Passagier aus ungewissem Grund beim Aussteigen aus einem Flugzeug auf der Treppe und wird er verletzt oder getötet, ist diese Begebenheit als Unfall zu klassifizieren und das Luftfahrtunternehmen haftet für diesen Sturz. Die Haftung des Luftfahrtunternehmens ist nicht von einem Fehlverhalten/einer Fahrlässigkeit ihrerseits abhängig.
2. Haftungsbefreiung:
Ein Luftfahrtunternehmen kann teilweise oder sogar ganz von seiner Haftung befreit werden, wenn es nachweisen kann, dass die geschädigte Person den Schaden (auch nur fahrlässig) durch eine unrechtmäßige Handlung oder Unterlassung verursacht oder dazu beigetragen hat (Art 20 Satz 1 Montrealer Übereinkommen).
3. Zusammenfassung:
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass laut Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH 2.6.2022, C-589/20 (Austrian Airlines) ein Luftfahrtunternehmen für Schäden durch Unfälle an Bord oder beim Ein- und Aussteigen haftet, es aber teilweise oder sogar ganz von seiner Haftung befreit werden kann, wenn die Person, die den Schadenersatzanspruch erhebt, den Schaden (auch nur fahrlässig) durch eine unrechtmäßige Handlung oder Unterlassung verursacht oder dazu beigetragen hat.
Autoren: Selvya Shenouda, Mag. Sabine Barbach
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