Rücktrittsbelehrung landet im Spamordner – Auswirkung auf die Rücktrittsfrist?

Der Kauf einer Immobilie, für die meisten ein sehr großer und gewagter Schritt im Leben. Gerade deshalb streben Personen nach einem weitestgehend reibungslosen Ablauf in der Abwicklung und holen sich für diese Zwecke die Hilfe von Profis. Immobilienmakler werden beauftragt, passende Objekte zu finden und sämtliche Formalitäten zu klären. Doch in welchem Zeitpunkt kommt es tatsächlich zum Abschluss eines Maklervertrages bzw. ab wann ist der Kunde wirklich verpflichtet, die Bemühungen des Maklers mittels einer Provision zu befriedigen? Interessant zu wissen ist zusätzlich, dass es ein gesetzliches Rücktrittsrecht gibt, wenn ein Vertrag außerhalb der jeweiligen Geschäftsräumlichkeiten abgeschlossen wird. So ein Geschäft bezeichnet man auch als Fernabsatzgeschäft.

Rücktrittsrecht vom Maklervertrag

Um die gesetzliche Frist zu wahren, muss binnen 14 Tage eine Widerrufserklärung gegenüber dem Geschäftspartner abgegeben werden. In den meisten Fällen ist bereits ein Widerrufsformular beigelegt, das dann lediglich ausgefüllt retourniert werden muss. Ab wann beginnt jedoch diese Frist und was passiert, wenn man die Frist versäumt? Vorausgeschickt wird, dass der Makler verpflichtet ist richtig und vollständig über das Rücktrittsrecht zu belehren.

Rücktrittsbelehrung landete im Spam-Ordner

In einem zur Thematik passenden Sachverhalt befasste sich der OGH mit folgender Problematik. Zwei Eheleute meldeten sich telefonisch bei einer Immobilienmaklerin bezüglich eines von ihr veröffentlichten Inserats. Aufgrund des Telefonats versendeten die Mitarbeiter der besagten Maklerin noch am selben Tag ein Angebot an die vom Ehemann angegebene E-Mail-Adresse. Das Angebot enthielt sowohl eine Belehrung über die anfallende Maklerprovision sowie die Information über das gesetzliche Rücktrittsrecht. Da diese E-Mail allerdings im Spam-Ordner des Ehemannes landete, der dies nicht bemerkte, kam es elf Tage später zu einer neuerlichen Anfrage per Telefon. Im Zuge dieses Gesprächs wurde nun auch ein Termin zur Besichtigung vereinbart. Da auch das zweite Mail im Spam-Ordner landete, wurden die Eheleute erst beim Besichtigungstermin, der gute zwei Wochen nach dem ersten Telefonat stattfand, durch einen Hinweis eines Mitarbeiters drauf aufmerksam. Eine Woche nach der Besichtigung wendeten sich die Eheleute direkt an die Verkäuferin und klärten alle nötigen Details bezüglich des Kaufes. Der von den Eheleuten für die Vertragsverfassung beauftragte Rechtsanwalt, klärte die Eheleute in weiterer Folge über die per E-Mail erhaltene Rücktrittbelehrung auf und verfasste noch am selben Tag eine solche im Namen der beiden Beklagten. Zu diesem Zeitpunkt liegen bereits zirka drei Wochen zwischen Erhalt des E-Mails und verfasster Rücktrittserklärung.

In weiterer Folge begehrte die Maklerin eine Vermittlungsprovision auf Basis des Kaufpreises. Spätestens mit der telefonischen Vereinbarung des Besichtigungstermins sei es zu einem konkludenten Vertragsabschluss gekommen, zudem sei die Rücktrittsfrist bereits abgelaufen. Die Eheleute wendeten dagegen ein, dass zwischen ihnen und der Maklerin nie ein Vertrag zustande gekommen sei und falls doch, seien sie rechtzeitig von einem solchen zurückgetreten. Die Belehrung über das Rücktrittsrecht sei unzureichend gewesen.

Gerichtliche Entscheidung

Bei der rechtlichen Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes vertraten das Erstgericht und das Berufungsgericht unterschiedliche Auffassungen. Ersteres war der Meinung, dass es erst bei der Besichtigung des Objektes zu einem Vertragsabschluss gekommen sei, da der Beklagte im Zeitpunkt der Vereinbarung des Besichtigungstermins per Telefon von der Rücktrittsbelehrung in seinem Spam-Ordner noch nichts wusste. Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung dahingehend ab, dass es der Klage stattgab. Ein Provisionsanspruch setzte einen zumindest schlüssig erteilten Vermittlungsvertrag voraus. Der Beklagte beauftragte die Maklerin mit der Vermittlung einer Immobilie und daher sei es für ihn leicht erkennbar gewesen, dass die Maklerin für ihre Bemühungen auch eine Provision erwarte. Mit der telefonischen Vereinbarung des Besichtigungstermins sei jedenfalls ein Maklervertrag mit den Beklagten zustande gekommen.

Was gilt bei Erklärungen im Spam-Ordner?

Der Oberste Gerichtshof wies die angestrebte Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurück und erläuterte wie folgt. Eine elektronische Willenserklärung gilt dann als im Machtbereich des Empfängers zugegangen, wenn der Empfänger ausdrücklich zu verstehen gegeben hat, dass er über diese E-Mail-Adresse erreichbar ist. Unter Machtbereich ist der Posteingang des E-Mailkontos zu verstehen.

Somit ist für den Empfänger ein Abrufen der Nachricht mit dessen Einlangen möglich. Entscheidend ist, dass das bloße Einlangen der Nachricht im Machtbereich des Empfängers ausreicht, das heißt, eine tatsächliche Kenntnisnahme seitens des Empfängers wird nicht gefordert.

Bezüglich des Vertragsabschlusses, der einen Provisionsanspruch auslöst, vertritt der OGH die Ansicht, dass sobald der Interessent die vom Makler für ihn entfaltete Tätigkeit kennt und dieser in weiterer Folge nicht widerspricht, konkludent ein Vertrag zustande kommt.

Zusammenfassung

Zusammengefasst lässt sich somit festhalten, dass ein Vermittlungsvertrag grundsätzlich bereits in dem Zeitpunkt zustande kommt, in dem der Auftraggeber von der Tätigkeit des Vermittlers Kenntnis erlangt und dieser Tätigkeit nicht widerspricht. Eine mögliche Rücktrittsfrist wird somit in diesem Zeitpunkt ausgelöst. Wichtig für einen Betroffenen ist, dass eine Rücktrittbelehrung für den Empfänger lediglich abrufbar sein muss, das heißt, es spielt keine Rolle ob der Empfänger auch tatsächlich Kenntnis von der Nachricht erlangt hat. Mit dem Einlangen der Belehrung begann somit im vorliegenden Fall die Rücktrittsfrist zu laufen und kam damit die Rücktrittserklärung der Beklagten zu spät. Für den Betroffenen bedeutet das, dass der Spam-Ordner regelmäßig zu kontrollieren ist.

Leistungen der Kanzlei

Wir beraten Sie gerne im Zusammenhang mit Immobilienkauf und in Maklerangelegenheiten. Besteht eine Rechtsschutzversicherung, kann das Einschreiten der Kanzlei vom Deckungsumfang umfasst sein. Gerne klären wir für Sie kostenlos die Kostenübernahme durch Ihre Rechtsschutzversicherung ab.

Autor: Lukas Gronold

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